Die Stadt und der Lärm, ein Thema der La Foncière Gesprächsrunden 2019

Nehmen wir einen beliebigen Platz in einem Stadtzentrum, heute und vor hundert Jahren. Sehen wir uns die Gebäude und die Bäume an. Wir werden feststellen, dass sich, abgesehen von den Stadtmöbeln, nicht viel geändert hat… ausser den Lärmquellen: Asphalt und Strassenbeläge, Autos und öffentliche Verkehrsmittel. Lärm und die damit verbundenen Belastungen werden somit zu einer grossen Herausforderung für Stadtplaner. Und seine Konsequenzen wirken sich stark auf die Entwicklung der nachhaltigen Stadt der Gegenwart und der Zukunft aus. Lärm, sein Ursprung im Lauf der Geschichte, seine gesellschaftlichen Herausforderungen, sein Platz in der Politik und die Lösungen, um ihn erträglicher zu machen waren die Themen, die bei den La Foncière Gesprächsrunden 2019 im Zentrum der Diskussionen standen.

Auf Einladung von La Foncière trafen sich am 11. Juni dieses Jahres über 200 Gäste in Lausanne im Olympischen Museum, um den Vorträgen eines Expertenpanels zum Thema «Die Stadt und der Lärm» zu folgen. Die Konferenz begann traditionsgemäss mit einem Referat von Valérie Lemaigre, Chefökonomin der BCGE, über die internationale und Westschweizer Wirtschaftslage (link zum Video seiner Präsentation)

Dann, nach einer kurzen Einführung von Arnaud de Jamblinne, Generaldirektor La Foncière, lösten sich die Herren Laurent Droin, Doktor auf dem Gebiet der Akustik und Leiter des Pariser Centre d’Information sur leBruit (Zentrum für Informationen über den Lärm), Jacques Sax, Gründer und Leiter der Firma Sonosax sowie Toningenieur und Hersteller von professionellen Audio-Geräten und  Philippe Martin, EPF-Akustiker und Gründungsmitglied des Unternehmens AER Acousticiens Experts auf dem Podium ab.

Lärmverschmutzung  gab es im Gegensatz zu anderen Verschmutzungen wie chemische Verschmutzung, Luftverschmutzung oder Wasserverschmutzung schon immer. Doch der von menschlichen Tätigkeiten verursachte Lärm hat sich verändert. Im Mittelalter konnte man den Lärm von Kindern, Märkten und Strassenhändlern hören. In der Renaissance wurde Stille sogar zu einem geistigen Wert. Anfang des 19. Jahrhunderts, während der lang andauernden Phase der Industrialisierung, dem Beginn der modernen Welt, wurde Stadtlärm zuerst positiv wahrgenommen. Er stand für den Preis, den man für den Erfolg der Arbeit und der wirtschaftlichen Entwicklung zu zahlen bereit war. Dieser Lärm wurde also von keinerlei Reglementierungen eingeschränkt.  

Heute hat sich die Klangkulisse spürbar verändert, was wir den «modernen» Lärmquellen zu verdanken haben. Der Stadtlärm wird in erster Linie durch die Mechanisierung des Transports und, in geringerem Masse, durch Bautätigkeit verursacht.

Wenn man sich Gedanken über die Stadt von morgen macht, ist Lärm beziehungsweise Lärmreduzierung untrennbar mit dem Konzept einer nachhaltigen Entwicklung verbunden, denn er ist in ihren drei Stützpfeilern präsent: Ökologie, Wirtschaft und Soziales. Eine gute Lärmbekämpfung setzt ein Gleichgewicht zwischen diesen drei Pfeilern voraus. Nehmen wir als Beispiel die Zersiedelung. Wenn hier keine Reglementierung stattfindet, wird sich der Lärm nach und nach im Rhythmus der Entwicklung der Städte über das ganze Land ausbreiten. In einem stärker reglementierten Umfeld wird er sich um die grossen Transportachsen konzentrieren, um lärmfreie Zonen zu bewahren. Denn heute weiss man, dass es sehr viel weniger negative Auswirkungen hat, wenn man dem Lärm mehr Lärm hinzufügt, als wenn in einem vormals ruhigen Gebiet plötzlich Lärm entsteht. 

Genau genommen ist Lärm ein unerwünschter Ton oder, gemäss der Definition der WHO, ein Gefühl der Störung, das eine Auswirkung auf die Gesundheit hat. Er hat drei Dimensionen: physisch (seine Messbarkeit), physiologisch (die Komplexität des menschlichen Ohrs) und psycho-akustisch (seine Wahrnehmung).

Die Herausforderungen, was den Lärm betrifft, sind sehr unterschiedlich. Betrachten wir hier zwei davon näher. Zuerst einmal die sozioökonomischen Herausforderungen, die sich aus der Notwendigkeit ergeben, zusammen in einer Stadt zu leben. Und hier ist es wichtig, den Lärm und seine Belastungen sehr früh bei der Stadtentwicklung zu berücksichtigen, nämlich bereits im Reflexionsstadion, vor der Konzeption eines städtebaulichen Projekts. Denn je länger man diese Integrierung hinauszögert, desto teurer werden die Lösungen zur Lärmreduzierung. Die zweite Herausforderung: die Auswirkungen des Lärms auf die Gesundheit. Zum Beispiel Schlafstörungen, Erschöpfung, Spannungen im sozialen Klima (Gewalt in Schulen), Stress bei der Arbeit und eine exponentielle Entwicklung von Herz-Kreislaufbeschwerden. 

Das Klangumfeld ist heute das Stiefkind der Politik, und dafür gibt es mehrere Gründe. Lärm ist nicht remanent, aber seine Auswirkungen sind es. Lärm verschwindet, sobald die Lärmursache nicht mehr aktiv ist, fängt aber sofort wieder an, wenn die Lärmquelle wieder da ist. Er ist schmerzlos, bevor er Schmerzen verursacht. Er ist nicht tödlich, jedenfalls weniger tödlich als andere Ursachen. Manchmal gehört Lärm sogar zum Kulturerbe. Und oft fällt seine Wichtigkeit anderen Prioritäten zum Opfer. Und das führt zur folgenden Situation: anstatt präventiv zu handeln, handeln wir kurativ, was uns logischerweise viel teurer zu stehen kommt.

Welche Lösungen gibt es also für dieses Lärmphänomen?  Wir haben drei Möglichkeiten: 1) ihn zu vermeiden, also die Lärmquellen zu « eliminieren», 2) ihn durch Diffraktion zu reduzieren, indem wir seine Verbreitung unterbinden, oder 3) ihn zu kompensieren,zum Beispiel durch eine Geräuschmaskierung mit Hilfe eines Springbrunnens.

 Nehmen wir die Stadtplanung um eine grosse Verkehrsachse als Beispiel. An der Verkehrsfront würden Bürohäuser stehen, die nachts leer stehen, dann kämen die Wohnhäuser und dahinter die Ruhezonen.  

Städteplaner können auch ein Computermodell nutzen, das Höhenlinien (Relief), Gebäude und Kommunikationsachsen kombiniert und anschliessend die verschiedenen Lärmquellen je nach Verkehrsaufkommen, Tageszeit und Fahrzeugarten integriert und auch Baustellen und die dort verwendeten Materialen berücksichtigt.  Wenn man alle diese Variablen miteinbezieht, ermöglicht das die Erstellung eines realistischen und glaubwürdigen Modells. 

Dank einem Interview, das wir mit Lauret Droin, dem Hauptreferenten der Veranstaltung und Leiter des Pariser Centre d’Information sur le Bruit auf der Museums-Terrasse am Morgen seines Referats führten, können sich unsere interessierten Leser und Leserinnen genauer über dieses Thema informieren. 

Es lohnt sich auch, einen Blick auf die Höhepunkte dieser informativen Veranstaltung im Rahmen der La Foncière Gesprächsrunden 2019 im Olympischen Museum Lausanne zu werfen, einem unumgänglichen Treffpunkt für Vermögensverwalter und Akteur der Immobilienbranche.